
Vom Tal zum Berg
Die Bergbahnen im Toggenburg haben das Tal mit den Höhen verbunden und den Zugang zu neuen Landschaftsräumen geschaffen. Was früher mit langen Aufstiegen verbunden war, wurde mit Bahn und Seil einfacher erreichbar. Damit begann eine Entwicklung, die bis heute den Rhythmus von Sommer und Winter prägt.
1933 nahm die Standseilbahn von Unterwasser auf das Iltios den Betrieb auf. Sie war der erste Schritt, um das obere Toggenburg technisch zu erschliessen. In den siebziger Jahren folgte die Luftseilbahn vom Iltios auf den Chäserrugg. Erstmals führte damit eine Bahn bis auf den Gipfel und eröffnete einen direkten Blick über die Churfirsten hinaus. Mit späteren Zusammenschlüssen und Neubauten entstand eine moderne Infrastruktur, die mit der Gondelbahn Espel–Stöfeli–Chäserrugg und dem Gipfelgebäude von Herzog & de Meuron einen architektonischen Akzent erhielt. Die Bahnen prägten nicht nur den Wintersport, sondern öffneten den Zugang zu Höhenwegen, Aussichtspunkten und Landschaften, die auch im Sommer immer mehr an Bedeutung gewannen.
Zwei Jahre nach der Iltiosbahn wurde 1935 die Säntis-Schwebebahn eröffnet. Sie verband die Schwägalp mit dem Gipfel des Säntis und war zur Zeit ihrer Inbetriebnahme die längste Luftseilbahn der Welt. Sie erschloss nicht nur einen markanten Gipfel, der den Blick weit über sechs Länder erlaubt, sondern wurde auch Standort einer Wetterstation und später von Forschungsanlagen. Bis heute ist die Bahn ein technisches Wahrzeichen und ein Symbol für den Zugang in den Alpstein, der das Toggenburg landschaftlich prägt.
Auch in Wildhaus wurden Bahnen gebaut, die bis heute für den Zugang ins Berggebiet stehen. Sessellifte verbinden das Dorf mit Oberdorf, Gamsalp und Freienalp. Sie wurden im Laufe der Jahrzehnte erneuert und ausgebaut und bilden den Kern des Skigebiets. Gemeinsam mit der Gondelbahn auf das Gamplüt erschliessen sie weite Hänge, sonnige Terrassen und Höhenwege, die im Sommer wie im Winter genutzt werden. So ist Wildhaus seit Jahrzehnten nicht nur ein Ort für Skitage, sondern auch ein Ausgangspunkt für Wanderungen mit Blick auf die Churfirsten und den Säntis.
1965 entstand die Sportbahn Wolzenalp. Die Sesselbahn ersparte den Aufstieg zu Fuss und verkürzte den Weg ins Berggebiet deutlich. Bis heute ist sie Teil des Freizeitangebots und erinnert viele Einheimische an frühe Skitage. Die Wolzenalp gilt als Beispiel dafür, wie auch kleinere Bahnen für die Bevölkerung eine wichtige Rolle spielen.
Eine Besonderheit stellt die Selunbahn bei Starkenbach dar. Die einfache Kistenbahn rattert seit über hundert Jahren auf die Alp Sellamatt. Sie erschliesst den Toggenburger Höhenweg und liegt unweit des Wildenmannlislochs, das sowohl in archäologischer Hinsicht als auch in der Sagenwelt Bedeutung hat. Noch heute wird mit ihr im Sommer die Milch von der Alp ins Tal befördert, damit erleichtert sie nicht nur den Zugang für Wandernde, sondern ist weiterhin Teil des landwirtschaftlichen Alltags. Die Selunbahn gilt als technisches Kulturgut und als Zeugnis früher Seilbahntechnik, das zeigt, wie sehr auch einfache Konstruktionen das Leben im Berggebiet geprägt haben.
Ein eigenes Kapitel schrieb Ebnat-Kappel. Am Girlen fanden in den sechziger Jahren zunächst regionale Rennen statt, ehe 1977 ein Riesenslalom des Skiweltcups ausgetragen wurde. Rund dreissigtausend Zuschauerinnen und Zuschauer verfolgten den Wettkampf, den Heini Hemmi für sich entschied. 1981 kam ein weiteres Weltcuprennen hinzu, bei dem Pirmin Zurbriggen seine ersten Punkte sammelte. Der Skibetrieb am Girlen wurde später eingestellt, doch die Erinnerung an diese Ereignisse ist geblieben. Für einen kurzen Moment stand das Toggenburg im Mittelpunkt des internationalen Skisports – eine Episode, die bis heute überrascht.
Ob Gipfelbahn oder Sessellift, Kistenbahn oder Gondel: Jede dieser Anlagen erzählt ein Stück Geschichte. Sie dokumentieren den Mut, neue Wege zu gehen, und den Wunsch, den Bergen näherzukommen. Heute sind sie nicht nur Mittel zum Zweck, sondern selbst Teil des Erlebnisses. Sie machen das Toggenburg im Winter wie im Sommer zugänglich und laden dazu ein, die Landschaft aus immer neuen Perspektiven zu entdecken.
Bergbahnen im Toggenburg
Der Blick über sechs Länder und mehr als 500 Gipfel eröffnet sich nach einer Fahrt auf den Chäserrugg – Landschaft des Jahres 2021. Nicht nur weit, sondern auch tief reicht die Sicht – bis zum Walensee. Zu Fuss entlang des churfirstlichen Septetts und auch hinauf geht’s ab Iltios, Sellamatt oder mit der Selunbahn. Gebaut für den Milchtransport, nimmt die offene Holzkistenbahn auch Wandernde mit. Die Fahrt kurz, das Abenteuer gross: es ruckelt, es schaukelt und bleibt sicher in Erinnerung. Rund um die Schwendiseen dreht sich alles um den Klang, gut erreichbar mit den Bahnen in Wildhaus. Zum Voralpsee ist’s noch ein Stückchen weiter. Gamplüt ist Ausgangspunkt für grössere Vorhaben im Alpstein oder ein Ort, um in Ruhe dem Anblick des Septetts zu frönen. In dieser Region entspringt die Säntisthur – hier beginnt auch der Thurweg. Gemütlich fährt die Sesselbahn auf die Wolzenalp. Entschleunigung, noch bevor Sie auf leichten Wegen in die Natur schreiten. Auch der Speer ist von hier gut zu erreichen. Tipp für Familien: barfuss über den Moorweg oder loswandern mit Woody.
